20. November 2012

Die Erziehung des Dauphin, Teil II.



Marie Antoinette Anweisung 
an die Markgräfin Tourzel 

Ich will jetzt auch noch von seiner Umgebung sprechen: zwei Frauen Soney, Schwiegermutter und Schwiegertocher und Frau Billfort.
Frau von Soncy, eine sehr gute Frau, sehr gebildet, zuverlässig, aber üble Gewohnheiten. Die Schwiegertochter, gleiche Gewohnheiten, einfältig. Von meiner Tochter ist sie schon vor einigen Jahren entfernt worden, doch bei dem kleinen Knaben mag sie noch angehen. Im übrigen ist sie sehr anhänglich und gegen das Kind sogar ein wenig zu streng.
Frau von Villfort ist das gerade Gegenteil und verzieht ihn. Ihre Gewohnheiten sind nicht besser, eher ärger als die der beiden anderen; sie mögen sie nicht allzu sehr, doch vertragen sie sich sämtlich nach außen hin.
Die beiden ersten Frauen haben das Kind sehr gern; aber Lemoine schwatzt und klatscht in unerträglicher Weise, erzählt, was sie vom ganzen Hause weiß, gleich viel ob das Kind dabei ist oder nicht, das ist ihr ganz gleichgültig. Frau Neuville sieht sehr nett aus, ist klug und anständig, doch wird sie, wie es heißt, von ihrer Mutter, einer sehr intriganten Person, beherrscht.
Der Arzt Brunier besitzt in Krankheitsfällen mein vollstes Vertrauen; sonst aber muss man ihn in seine Schranken zurück weisen, er ist aufdringlich, und je nachdem er gelaunt ist, ein Spaßmacher oder ein Grobian.
Der Abbé D´Avaur ist zum Unterricht meines Sohnes vielleicht sehr geeignet; im übrigen hat er nicht eine Eigenschaft, die für den Verkehr mit meinen Kindern erforderlich wäre. Das hat mich auch bestimmt, ihm meine Tochter zu entziehen. Man muss sehr acht geben, daß er sich an meinen Sohn nicht außerhalb der Unterrichtsstunden herandrängt. Frau von Polignac hat diese Sorge sehr zu schaffen gegeben, und nicht einmal immer mit Erfolg: daran war die Gesellschaft der Untergovernaten schuld. In den letzten Tagen sind mir von diesem Abbé Worte des Undanks überbracht worden, die mir sehr missfielen.
Mein Sohn hat noch acht Kammerfrauen, die ihre Aufgabe sehr ernst nehmen, aber auf die ich nicht zählen kann. In der letzten Zeit sind im Hause viele üble Reden geführt worden, ohne dass ich genau wüsste von wem. Eine gewisse Frau Belliard kann ich immerhin nennen, die mit ihren Gefühlen nicht hinter dem Berge halten pflegt und, ohne sie zu verdächtigen, immerhin Vorsicht anraten.