1. März 2012

Das Vermächtnis der Marie Antoinette

Der Coiffeur Léonard hat dem Graf Mercy die Schmuckkassette der Köngin am 11. März 1791 übergeben; überdies erhielt er lange vor der Flucht des Königpaares durch den Abbé Montesquiou große Vermögenswerte in Gold und Wechselpapieren. Mercy ließ alles im königlichen Tresor in Brüssel verwahren. Nach dem Tode der Königin wurde die Kassette geöffnet und eine Bestandsaufnahme der kostbaren Schmuckstücke und der anderen Vermögenswerte gemacht.
Im Wiener Staatsarchiv befindet sich auf dem bezüglichen Dossier der bemerkenswerte Vermerk von der Hand Arneths: „Dieses ganze Dossier ist mit äußerster Diskretion zu behandeln und niemand mitzuteilen.“ Nun enthält gerade dieses Dossier F, der Familienkorrespodenzen, Karton 75, eine komplette Liste ihres kostbaren Inhalt und die hinterlassenen Vermögenswerte bezüglichen Schriftstücke, und überdies die Korrespodenz Fersens und Mercy und der Erzherzogin Marie Christine hinsichtlich einer letzten Verfügung Ludwigs XVI. Und Marie Antoinettes.
Am 21. Februar 1794 wandte sich nämlich Fersen in einem Schreiben an den Grafen Mercy mit der Bitte, eine letztwillige Verfügung des königlichen Paares zu erfüllen. Er legte Mercy ein Billett vom 20. Juni 1791 folgenden Inhaltes vor:

Am 20. Juni
Wir bitten Herrn von Mercy, dem Grafen von Fersen alles uns gehörige Geld, etwas fünfzehnhunderttausend Livres, zu übergeben und wir bitten den Grafen Fersen, es als das herzlichste Zeugnis unserer Dankbarkeit und als Entschädigung für all das , was er verliert, anzunehmen.
Louis Marie Antoinette


Mercy anerkannte sofort die Echtheit dieses Billettes und legte in einem Schreiben vom 24. Februar 1794 der Schwester Marie Antoinettes, der Erzherzogin Marie Christine, den Sachverhalt dar, da sie bereits im Besitz der Kassette und der anderen Vermögenswerte war. Trotzdem der Anspruch Fersens nicht bestritten werden konnte, zumal er für die Flucht von Varennes von den Damen Stegelmann und Korff je 300 000 Livres entliehnen und aus eigenem 100 000 Livres aufgewendet hatte, erreichte er nichts. Auch der Hinweis, daß die beiden alten Damen, Mesdames Tanten des Königs, im Exil in Rom in Dürftigkeit leben müßten, fand weder in Brüssel noch in Wien bei Kaiser Franz II. Gehör. Die Schuld wurde nie getilgt und der letzte Wille des Königpaares übergangen.

Die letzten Briefe Marie Antoinettes von Paul Christoph