19. Juli 2011

Joachim Du Bellay

Sonnet

Deja la nuit en son parc amassoint
Un grand troupeau d‘etoiles vagabondes,
Et pour entrer aux cavernes profondes
Fuyant le jour, sei noirs chevaulx chassoit:

Deja le ciel Indes rougissoit,
Et l‘Aulbe encor‘de ses tresses tant blondes
Faisant gresler mile perlettes rondes,
De ses thesors les prez enrichissoit:

Quand d‘occident; comme une etoile vive,
Je vy sortir dessus ta verde rive,
O fleuve mien! Une Nymphe en rient.

Alors voyant cete nouvelle Aurore,
Le jour honteux d‘un double teint colore
Et l‘Angevin et l‘Indique orient


Sonett

Schon trieb die Nacht von ihren dunklen Auen
Der Sterne wandelnde und große Herde,
Und um zu tauchen tief in finsteres Grauen,
Floh sie den Tag und trieb die schwazen Pferde.

Schon wollt sich Rot auf Indiens Himmel legen,
Die Dämmerung ließ aus blonden Flechten fließen
In tausend runden Perlen einen Reigen
Und schmückte so mit Schätzen rings die Wiesen.

Da sah im Westen ich als lebend Licht
Auftauchen über deinem Uferkranz,
Mein Fluß, die Nymphe lächelndes Gesicht.

Als jetzt der Tag sieht neuen Morgenglanz,
Färbt er beschämt den Osten Indiens ein
Und läßt sein Glühn auch über Anjou!



Du Bellay geb. 1522 ist neben Piere Ronsard das bedeutendste Mitglied der Pléiade. 1549 veröffentlichte er das Manifest dieses Dichterkreises, die „Defense et Illustration de la Langue française“. Sie enthält die These, dass die französische Sprache den alten Sprechen ebenbürtig sein könne, wenn sie durch Ausdrücke aus den Dialekten und latinisierenden Neubildungen bereichere. Weiter empfiehlt du Bellay, in der Dichtung nur würdige Gegenstände zu behandeln und hierfür geeignete Gedichtform der antiken Literatur zu entnehmen. Gleichzeitig mit dem Manifest erschien seine ersten Sonette: „Le Olive“. Als Sektretär eines Kardinals verbrachte er mehrere Jahre in Rom, wo die Sonettbände „Le Regrets“, „Le Antiquités de Rome“ und „Divers Jeux rustiques“ entstanden sind

Texte nach: Joachim Du Bellay, Oevres poétiaues, herausgegben von H. Chamard, 1908