24. Januar 2010

Das Pariser Parlament


Da wir hier schon vor einiger Zeit einen Aufsatz von Jaques Levron über das Pariser Parlament gelesen haben, möchte ich euch die Meinung von Rochetrie vorlegen, die etwas unterschiedlich zu der von Levron klingt.

Das Pariser Parlament konnte als der oberste Gerichtshof in Frankreich betrachtet werden. Es hatte sich aus dem von den Pairs gebildeten Hofgerichtshof der Könige des früheren Mittelalters gebildet und bestand in der der Revolution unmittelbar vorangehenden Periode aus fünf Kammern: Der „Grand Chambre“ und zehn Präsidenten, 25 weltlichen und 12 geistlichen Räten , den drei „Chambres des Enquêtes, jede mit zwei Präsidenten und 23 Räten, und der „Chambre des requêtes“ mit zwei Präsidenten 14 Räten. Die Kriminalsachen wurden in der der Reihe nach aus Mitgliedern aller Kammern gebildeten „Chambre de la Tournelle“ behandelt. Außerdem gehörten zum Parlament die königlichen Anwälte, mehr als 500 Juristen und eine große Zahl subalterner Beamten. Obwohl das Parlament eigentlich bloß ein Gerichtshof war, so erlangte es doch dadurch politische Bedeutung, daß es ihm oblag, die königlichen Verordnungen in seine Protokolle einzutragen und den unteren Gerichten mitzuteilen. Das Parlament stellte später die Behauptung auf, es hätte das Recht, dem König Vorstellungen gegen seine Verordnungen zu machen, ja die Eintragung derselben zu verweigern. Dadurch kam es öfters zu den heftigsten Zwisten zwischen Hof und Regierung einer- und den Parlament andererseits, und letzteres wurde mehrmals scharf gemaßregelt. So wurde das Parlament zu einem Herde der Opposition gegen die königliche Autorität, und die ersten Revolutionären Äußerungen finden sich in Parlamentssitzungen. Andere aber minder bedeutsame Parlamente befanden sich in Nancy, Metz, Douay, Remes, Pau, Besancon, Dijon, Aix, Bordeaux und Toulouse.
Gegen das Parlament konnte der König nur durch einen „Lit de justice“, eine feierliche Parlamentsitzung, in der der König, umgeben von den Prinzen des königlichen Hauses und von den Pairs und Marschällen Frankreichs, den Vorsitz führte. Der Name lit (vom Lateinischen lectus – Bett) hergeleitet, kam ursprünglich dem bei dieser Gelegenheit verwendeten Thron zu, da derselbe aus fünf Kissen, einem auf dem Sitze, einem im Rücken, zwei unter den Armen und einen unter den Füssen bestand. Das Lit de justice war ein Mittel, den Widerstand des Parlaments gegen eine königliche Verordnung zu beseitigen oder hintanzuhalten, indem hiebei keinerlei Entgegnungen oder Diskussionen gestattet war, sondern der König einfach befahl, die betreffende Verordnung einzutragen.