27. Dezember 2009

Marie Antoinette, Louis Auguste und duc de Lauzun

Die Königin Marie Antoinette liebte es, sehr hoch zu spielen, wußte jedoch, daß es dem König nicht gefiel. Daher war sie genötigt, ihr Spiel ein wenig geheim zu halten und eine sehr enge Wahl unter den Mitspielern zu treffen, auf deren Verschwiegenheit sie zählen konnte. Ich machte sie darauf aufmerksam, daß es schlecht gehandelt sei und Veranlassung zu wirklich unangenehmem Geschwätz für sie gäbe. Auch ermahnte ich sie, in ihren Gemächern ein Spiel zu spielen, das sie mit jedermann und vor aller Welt spielen könnte, und fügte hinzu, Bei Frau Guéménée könnte sie dann spielen, was ihr beliebte. Dieses und die Ermahnung, sich mehr um den König zu kümmern, sind die einzigen Ratschläge, die ich der Königin gegeben haben. Sie empfing sie mit jener Anmut und zärtlichen Bevorzugung, die alle ihre Handlungen gegen mich begleiteten.

Da ich nicht scheinen wollte, als huldige ich nur ihr, so jagte ich oft mit dem König, was mich tödlich langweilte, und sie wußte es. Daher verfehlte sie niemals, an diesen Tagen entweder zu Pferd der Jagd beizuwohnen oder im Wagen nachzukommen. Der König schickte mich aber immer an ihre Seite und befahl mir, bei ihr zu bleiben. Er schien unser Zusammensein zu billigen, und es ist ihm um so höher anzurechnen als das Geschwätz, das im Umlauf war, auch bis zu ihm gedrungen war. Er hatte sich nicht begnügt, diejenigen, die gewagt hatten, es ihm zu wiederholen, sehr übel anzulassen, sondern er begann mich von diesem Augenblick an bedeutend liebenswürdiger zu behandeln und sich so höflich gegen mich zu benehmen, als es sein Charakter zuließ. Eines Tages erfuhr er, daß der Graf de Artois sehr früh am Morgen allein ausgeritten sei. Er machte sich darüber große Sorgen und befürchtete ein Duell. Als man ihm aber sagte, ich sei mit ihm, setzte er seine Umgebung in nicht geringes Erstaunen, indem er bemerkte: „Da Herr Lauzun bei ihm ist, bin ich unbesorgt. Er wird ihm keine Dummheit begehen lassen, und er hätte die Königin benachrichtigt, wenn etwas im Gange wäre, was er selbst nicht verhindern könnte.“
So war meine Lage zu Beginn des Jahres 1776.
Im folgenden wird man von den Intrigen und Zänkereien aller Art hören, die meiner Gunst folgten und ungefähr ein Jahr anhielten, ehe es ihnen gelang, sie ganz zu zerstören.
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Aus den Memoiren des Duc de Lauzun, Seite 211, 212